Bei dieser Jivamukti-Stunde in Kreuzberg hatten wir so einige handstandbezogene Erleuchtungen…
Dana, erzähl uns von deinem Tag. Was hat dich beschäftigt?
Nicht viel. Ich hab in einem Halbwach-halbschlafend-Zustand den Tag durchlebt und mich auf die Arbeit konzentriert. Das ging gut. Vielleicht bin ich nicht erschöpft genug wenn ich zur Arbeit gehe. Das lange Sitzen macht mich sonst immer sehr unruhig und gestern fand ich es ganz angenehm. Am Wochenende habe ich lange getanzt und mich wiedermal in Berlin verliebt. Das Nachtleben, das auch tagsüber noch da ist mag ich besonders im Sommer, wenn man sich in die Sonne setzen kann und eine Pause gönnen. Außerdem hab ich über 24 Stunden mit einer Person verbracht und das sehr genießen können. Passiert mir nicht so häufig.
Uli, erzähl uns von deinem Tag. Was hat dich beschäftigt?
Ich hatte irgendwie schlechte Laune. Aber zum Mittagessen habe ich dann zwei Freundinnen getroffen und wir haben unsere Reise nach Florenz geplant, das war ein schöner Motivationsfaktor. Und ich habe mich den ganzen Tag aufs Yoga gefreut.
Wo habt ihr heute Yoga gemacht?
Jivamukit Yoga Berlin, Kreuzberg, Open Class für alle Level. Ein Hinterhof-Studio im 4. Stock. Gut temperiert für Yoga (heiß) und ein schöner Boden. Mir fiel gestern auf, dass mir der Boden mir wichtig ist. Der Lehrer, Chris Black, war ein Australier, der die Sommermonate in Berlin verbringt und dann hier unterrichtet. Das erste mal Yoga mit australischem Akzent.
– Dana
Wir waren bei Jivamukti in Kreuzberg, bei einer Open Klasse (90 Minuten, offiziell für alle Level, aber nicht für Anfänger geeignet). Jivamukti Yoga ist eine Schule, die sehr dynamisches, schnelles Flowyoga mit spirituellen Aspekten verknüpft. Es wird immer am Anfang gesungen und es gibt eine Art yogaphilosophische Lektion, bevor es dann mit der physischen Praxis losgeht. Die Gründer werden ziemlich gurumäßig verehrt, die Studios sind weltweit gebrandet und überall gibt es die gleichen Klassenformate, manchmal hat es fast eine Art religiösen Touch.
– Uli
Beschreibe die Stunde.
90 Minuten. Chris redet gerne. Er hat eine angenehme Stimme und ein gutes Tempo. Mir gefiel, dass er die klassische Jivamukti Sequenz aufbrach und viele eigene Variationen eingebaut hat. Und er hat tatsächlich Asanas erklärt, was bei den Jivamukti Open Klassen fast nie passiert. Als er uns dann aufforderte in den Handstand zu hüpfen war ich verliebt. Eine neue Bauchmuskelübung hab ich mir für zuhause mitgenommen. Auf dem Boden liegend, Hände über den Kopf, die Fingerspitzen berühren den Boden im rechten Winkel. Füße erst nach oben strecken dann langsam absenken bis man nur noch die Zehen sieht. Er sagte „so sollte sich Handstand anfühlen“ und ich fand es grandios. Manchmal schwinge ich mich so schnell hoch dass ich nicht überall Spannung in den Körper gebe. Vor Allem die Beine schießen dann übers Ziel (gerade nach oben) hinaus. Die Übung wirkt dem entgegen.
Er hat auf den Kopfstand verzichtet und uns dafür den Schulterstand ohne Hände versuchen lassen. Wacklige Angelegenheit. Ich muss mich besonders noch an die Länge in der Halswirbelsäule gewöhnen.
– Dana
Der Lehrer sprach davon, dass wir unsere Praxis einer Person widmen sollen, die uns verunsichert – sei es dass wir sie nicht leiden können, verwirrte Gefühle ihr gegenüber haben, sie nicht einschätzen können oder Ähnliches. Die Praxis sollte uns dieser Person gegenüber Sicherheit geben. Das passt zu einem relativ akuten Problem, das ich gerade habe und ich glaube es hat mir die Kraft gegeben, endlich einen Lösungsversuch zu starten. Die Stunde war sehr schweißtreibend, ich glaube ich habe noch nie so geschwitzt beim Yoga. Es gab mehrere stehende Sequenzen mit Balancen und Drehungen, viele Rückbeugen und am Ende einen Schulterstand (den ich leider wegen Rückenschmerzen nicht lange halten konnte). Ich glaube ich hatte außerdem ein Handstand-aha-Erlebnis! Ich konnte viel höher kicken als bisher… vielleicht, weil ich so im Flow war dass ich nicht nachgedacht und einfach gemacht habe?
– Uli
Wie würdest du die Menschen beschreiben, die im Kurs waren?
Am Wochenende sind in den Jivamukti Studios meist viele Style-Yogis. Bei diesen Yogis ist die farbliche Abstimmung der Matte und Leggins wichtiger als das Praktizieren. Gestern waren eher Menschen da, die lernen wollen oder bei denen Yoga bereits Alltag ist. In einer solchen Runde kann ich mich entspannen und abschalten. Die Klasse wurde auf englisch gehalten, dennoch waren es vorallem Deutsche, die teilgenommen haben. Das ist für mich auch eine einzigartige Berlin-Eigenschaft. Niemand hat hier Angst, sondern lässt sich einfach drauf ein. In Hamburg oder Frankfurt, wo ich gelegentlich Yoga-Studios besuche sind alle immer sehr verkrampft, wenn es um englischen Unterricht geht. Fast so als gäbe es etwas zu verteidigen.
– Dana
Alle ca. zwischen Mitte 20 und Mitte 30, viele sehr fortgeschrittene Yogis. Die Klassen sind bei Jivamukti recht groß. Dadurch, dass es eine weltbekannte Schule ist, sind hier sicher auch oft Leute auf Durchreise… es scheint nicht so eine feste Gruppe an Regulars zu sein wie es die bei anderen Studios gibt.
– Uli
Wie würdest du den Lehrer beschreiben?
Chris ist ein Australischer Sonnyboy. Sportlich, aber nicht übertrieben. Man sieht, dass er schon viel Erfahrung im Unterrichten hat, weil er beim assistieren sein eigenes Gewicht gut einsetzen kann. Er sprach viel von „Alignment“ (Ausrichtung), was mir beim Yoga auch wichtig ist. Mir fiel auf dass er sehr kleine Füße hat.
– Dana
Der Lehrer ist Australier, Chris, der immer im Sommer in Berlin bei Jivamukti unterrichtet. Extrem sympathisch, hat für Jivamukti-Verhältnisse viel erklärt und hat gute Hilfestellungen gegeben. Er hat einen Gestus, der mich an einen Dirigenten erinnert hat: Mit den Händen wedelnd und zeigend hat er uns quasi in die Posen hineindirigiert: „und jetzt noch tiefer, weiter, länger“ – das zeigt mir, dass er sich gut in seine Schüler hineinfühlt und ihm der Rhythmus der Praxis wichtig ist.
– Uli
Was gefiel dir, was nicht?
Mir gefiel die Genauigkeit der Klasse. Alle waren gezwungen zuzuhören – selbst das durchgeknallte Ashtanga Mädchen, die sonst immer wie eine Gummipuppe ihr Können zur Schau stellt. Darum geht’s. Mir gefiel nicht, dass es keinen Hüftöffner gab. Ist aber bei Stunden mit Fokus auf Umkehrstellungen nicht hilfreich. Viele können den Beckenboden nicht anspannen nach einem Hüftöffner bzw ist es viel schwerer, weil der Hüftöffner genau das Gegenteil macht.
– Dana
Ich mochte es, mal wieder so richtig zu schwitzen, das Tempo war schnell aber genau richtig für meinen Atemrhythmus. Ich merke, dass ich mich in Jivamukti-Stunden (auf Englisch) wahnsinnig schnell zuhause fühle – das sind meine yogischen Wurzeln, in einem ähnlichen Studio in New York hat alles angefangen. Ich mochte nicht, dass die Matte zu rutschig war und dass ich im Schulterstand so komische Schmerzen hatte, die ich nicht zuordnen kann.
– Uli
Wo bist du an deine Grenzen gegangen?
Im Rad. Ich gebe immer viel Kraft in den Handstand, sodass die Öffnung der Schultern ungemein befreiend ist. Stöhnen, Seufzen. Fast so gut wie Sex.
– Dana
Im Halbmond. Der Lehrer hat mich gehalten, was extrem gut war, aber natürlich will ich es dann umso „perfekter“ machen und pushe mich mehr.
– Uli
Dein Asana des Tages?
Handstand. Der Klassiker.
– Dana
Arda Chandrasana, der Halbmond.
– Uli

Ardha Chandrasana
Welcher Gedanke hat dich abgelenkt?
Ich habe mir gewünscht mehr Freizeit zu haben.
– Dana
Es kam mir eine Idee, wie ich die kleinen typografischen Schautafeln, die Dana mir vor Monaten geschenkt hat, in meinem Wohnzimmer aufhängen will. Immerhin habe ich etwas „Neues“ gedacht und mich nicht von unnötigen alten Gedanken ablenken lassen!
– Uli
Was hast du über Yoga dazugelernt?
Zuhören. Der Lehrer hat anderes vor, als man vielleicht erwartet. Ich fand die überraschende Sequenz großartig. Hab mich wieder gefühlt wie eine Schülerin.
– Dana
Wenn wir praktizieren, lenken wir den Fokus hauptsächlich nach innen. Aber wenn wir gemeinsam singen: dann sollen wir uns nach außen kehren, um uns in die Gruppe einzufühlen. Wir tragen etwas bei, aber nehmen auch Energie von den Anderen auf. Wer nur seine eigene Stimme hört, verpasst dieses Gefühl.
– Uli
Was hast du über dich gelernt?
Dass mich Neugier immer neue Aspekte in der Praxis finden lässt. Manchmal überkommt mich eine Überheblichkeit in der ich denke „Ich kenne meinen Körper so gut“. Dann überrascht er mich und ich denke „Wow. Zeig mir mehr bitte!“ Das war gestern der Fall. Und ich genieße immer mehr Yoga mit geschlossenen Augen. Auch die Meditationsphase wünsche ich mir immer länger. Auch das Singen hat mir gefallen.
– Dana
Ich gebe mich manchmal zu schnell mit einem Narrativ zufrieden, das ich mir zurechtlege. Nochmal bewusst neu aufrollen und neu denken bringt einen meistens weiter.
– Uli
Was hast du über Uli gelernt?
Ich glaube in englischen Stunden ist sie viel entspannter habe ich den Eindruck. Vielleicht eine Art Freiraum für mehr Entfaltung, um es mal esoterisch zu sagen. Das Singen macht ihr großen Spaß.
– Dana
Was hast du über Dana gelernt?
Wenn Dana sich besonders wohlfühlt (was ich inzwischen relativ gut spüre), strahlt sie so viel Energie aus, dass ich mich eigentlich auch nur wohlfühlen kann. Das wusste ich eigentlich schon, aber es ist mir heute noch einmal sehr stark bewusst geworden.
Worüber habt ihr danach gesprochen?
Nichts. Wir waren platt von der Intensität. Oder ich hab alles vergessen.
– Dana
Über meine Schulterstandschmerzen.
– Uli
Welche Frage/n stellst du dir gerade?
Ob ich meinen Job kündigen soll. Oder wann.
– Dana
Wie kann ich diesen Konflikt mit dieser Person möglichst schmerzfrei lösen?
– Uli
Möchtest du noch etwas sagen?
Danke.
– Dana
Ich freue mich, dass mein ehemaliger Mitbewohner Felix heute bei mir übernachtet.
– Uli
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