#11 Sunyoga

sunyoga kreuzberg berlin hot yoga studio

Dana, erzähl uns von deinem Tag. Was hat dich beschäftigt?
Gegen Ende des Jahres kommen immer zu viele Kleinigkeiten auf einmal. Ich brauche einen extra Tag, an dem ich einfach alles abarbeiten kann, was an privaten Aufgaben noch anfällt und worum man sich kümmern sollte. Gleichzeitig merke ich, dass ich inzwischen gut priorisieren kann und mich diese Sachen nicht mehr stressen. Früher haben Sie das.

Uli, erzähl uns von deinem Tag. Was hat dich beschäftigt?
Es stehen berufliche Veränderungen für mich an, die ich noch nicht genau abschätzen kann. Ich stehe Veränderungen meistens sehr positiv und aufgeregt gegenüber. Jetzt bin ich gespannt was als nächstes passiert, habe aber auch Respekt vor dem, was kommt. Ich freue mich aufs Hot Yoga heute, weil es so kalt geworden ist. Die Hitze wird mir gut tun. Ich war vor einigen Jahren mal für ein paar Stunden in dem Studio und bin gespannt, wie ich das jetzt so finde (wo ich viel intensiver Yoga praktiziere und mehr darüber weiß…).

Wo habt ihr heute Yoga gemacht?
Bei Sunyoga in Kreuzberg. Ein Hot-Yoga/Bikram Studio. Ich war noch nie hier. Yoga bei 40 Grad.
– Dana

Wir waren in einer 90minütigen „Sunyoga B“ Stunde bei Sunyoga in Kreuzberg. Yoga bei 40°C. Hot Yoga wurde ursprünglich vom umstrittenen Yogi Bikram Choudhoury erfunden, der 26 Haltungen und zwei Atemübungen zu einer festen Serie kombinierte und die Schüler diese Folge bei 40°C üben lässt. In Verruf kam er, als er versuchte, sich diese Serie patentieren zu lassen (obwohl all diese Asanas natürlich bereits seit Jahrtausenden existieren). Es gibt außerdem Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs gegen ihn. Nicht sehr yogisch, das alles. Einige Studios haben sich ideell inzwischen von ihm distanziert, praktizieren anderes Hot Yoga. Die Methode ist sehr beliebt, es wird ihr eine stark entgiftende Wirkung zugeschrieben. Das Studio ist sehr sauber, freundlich eingerichtet. Der Yogaraum selbst wird allerdings von Spiegeln und einem eher turnhallenartigen Boden dominiert. Und den Heizlüftern natürlich. Nicht sehr gemütlich. Aber funktional.
– Uli

Beschreibe die Stunde.
Zu Beginn lagen alle auf dem Boden und haben ihre Kräfte geschont. Kein Reden und kein Licht. Ich kam mir etwas unbeholfen vor in dem Raum mit Spiegelwand. Als der Lehrer eintrat, schaltete er das Licht an (ziemlich hell) und erklärte kurz, dass es nach jeder Serie eine kleine Trinkpause gibt und jeder eine Flasche Wasser neben sich platzieren sollte. Außerdem sagte er, man soll nach der ersten etwas langsameren Runde nur weitermachen, wenn man sich dabei gut fühlt. Ich wusste nicht was er meint. Los ging es mit einer stehenden Atemübung. Hände unter dem Kinn verschränkt – einatmen – Ellbogen auseinander, Kopf in den Nacken – ausatmen – Arme wieder runter und zusammen. Die Augen sollten offenbleiben. Im Anschluss die erste stehende Sequenz. Jede Pose wurde 30 Sekunden gehalten und in der zweiten Runde 15. Die zweite fiel mir meistens leichter. Zu Beginn machte mir die Hitze im Kopf noch zu schaffen, nach 20 Minuten war ich gut akklimatisiert und konzentriert. Zwischen allen Posen schnipste der Lehrer, um den Wechsel zu signalisieren, was mir sehr militärisch vorkam. Gleichzeitig hat mich das Schnipsen davor bewahrt, gedanklich abzuschweifen. Außer den Posen sagte er nichts. Der Atem der Teilnehmer und die gelegentliche Schaltung des Heizlüfters waren die lautesten Geräusche im Raum. Jeder war darauf konzentriert seine Pose mithilfe des Spiegels auszurichten. Ich stand in der 2. Reihe und konnte mich nur halb sehen. Neu war für mich der Ansatz, in Vorbeugen mehr in die „Kompression“ zu gehen statt in die Dehnung. Der Lehrer forderte uns auf die Stirn aufs Knie zu legen, was bedeutet, dass man sich eher einrollt als ausstreckt. Ich hatte eigentlich mehr das Bedürfnis nach Streckung, um die Hitze voll auszukosten. Dennoch hielt ich mich an seine Anweisungen – nicht dass ich noch angeschnipst werde!
Nach den stehenden Posen kam das erste Savasana (Rückenlage, Pose der Endenspannung). Ich wunderte mich: „Wieviele gibt es denn?“ Dabei sollten unsere Fersen zusammenbleiben und auch hier die Augen offen. Fand ich sehr unbequem. Ca. 10 Minuten später setzen wir uns in einem schnellen Ruck auf, den er „Situp“ nannte und streckten uns nach vorn zu den Füßen. Beim ersten Mal dachte ich „Das macht mein Kreislauf nicht mit.“ – Hat aber trotzdem geklappt.
Alle sitzenden Haltungen waren unterbrochen von einem kurzen Savasana. Das war anstrengender als die eigentliche Pose. Vermutlich war es auch der gewünschte Effekt. Am Ende schaltete er das Licht aus und bat uns 5 Minuten im letzten Savasana zu bleiben, woraufhin die meisten nach 1 Minute aufstanden und gingen.
– Dana

Situp Bikram Yoga

Situp – Bikram Style

Im Bikram-Yoga ist die Abfolge der Asanas festgelegt. Zunächst wird im Stehen aufgewärmt, dann gibt es Balancen (Baum, Tänzer), einige stehende Haltungen in der Grätsche und dann liegende Haltungen, Vorbeugen und Rückbeugen von Baby Kobra über Heuschrecke bis Kamel. Die Asanas selbst waren keine Überraschung für mich, vielleicht bis auf den Zehenstand (mit einem Fuß in der Leiste in die Knie gehen und balancieren) und den Hasen. Jede Haltung wird (pro Seite) zweimal gemacht, dann kommt die nächste. Zwischendurch sagt der Lehrer Trinkpausen an. Die Hitze ist präsent, aber nicht unangenehm. Das Wasser läuft mir nur so am Körper runter, und dabei schwitze ich im Allgemeinen wirklich nicht besonders viel. Jede Bewegung wird von den erfahreneren Yogis synchron und relativ zackig ausgeführt, ich komme mir zwischendurch ein wenig vor wie Teil einer Militärparade. In der Phase mit den sitzenden und liegenden Haltungen kommt zwischen jeder Runde ein 20-sekündiges Savasana, wozu wir uns ständig umdrehen (mit dem Kopf zum Spiegel liegen) müssen. Das stresst mich irgendwie. Die Endentspannung wird nicht gemeinsam beendet, sondern jeder kann gehen wann er möchte. Viele Leute bleiben keine Sekunde liegen und gehen sofort ziemlich laut raus.
– Uli

Wie würdest du die Menschen beschreiben, die im Kurs waren?
Es gab mehr Männer als gewöhnlich. Ca 5-6. Die Menschen wirkten auf mich alle eher verschlossen. Kann sein, dass das an der Tatsache lag, dass sie hochkonzentriert sein wollten auf ihre Praxis. Ich habe keine Interaktion gespürt und die einzige Gemeinsamkeit war, dass wir alle beim Schnipsen die Pose wechselten. Die Frauen waren alle jung und sehr unterschiedlich in der Physionomie. Dick, dünn, klein, groß, sportlich, normal. Es gab keinen „Typ“, den ich ausmachen konnte. Fand ich gut. Die Garderobe fand ich überraschend bedeckt. Mein Eindruck von Bikram war bisher immer, dass man dort jeden Fetzen Stoff vermeidet. Ich trug Shorts und hatte ein Bikini-Top dabei. Darüber trug ich ein Top – und behielt es an. So heiß sind 40 Grad ja eigentlich nicht.
– Dana

Durchmischt. Einige, die ich eher als „Hippies“ bezeichnen würde, viele eher sportliche Leute. Mir ist nicht klar, ob die viel über Yoga außerhalb des stark geheizten Raumes wissen. Es hat ein paar Stunden gedauert bis ich kapiert habe, was hier anders ist, aber ich glaube jetzt weiß ich es: Es geht hier weniger ums Individuum; eher darum, die genauen Anweisungen zu befolgen, die die Serie vorgibt. Natürlich wird einem gesagt „mach Pause wenn du nicht mehr kannst“, aber ich frage mich, ob man hier das richtige Handwerkszeug zu einer eigenen Yogapraxis lernt. Ich fühle mich irgendwie fremd.
– Uli

Wie würdest du den/die Lehrer/in beschreiben?
Daniel war ein weißes Blatt für mich. Ich hatte das Gefühl, er möchte möglichst wenig von sich in die Stunde miteinfließen lassen. Das ist ihm gelungen. Einzig als er den Feueratem vorgemacht hat bekam ich einen Eindruck über seine eigene Praxis. Die ist zwar eigentlich irrelevant, interessiert mich aber trotzdem. Sein Kabbalabhati (Feueratem) war genauso militärisch wie das Schnipsen.
– Dana

Er war durchtrainiert. Hat die Stunde ruhig und klar durchgezogen, gutes Energielevel. Am Ende sagte er wie ein Radiosprecher „Mein Name ist Daniel, das war Sunyoga B, Namaste.“ – Ich kann auch bei ihm nicht einschätzen, was er neben Bikram für eine Praxis hat oder kennt.
– Uli

Was gefiel dir, was nicht?
Daniels Wortwahl war sehr klar und exakt. Das mochte ich. Es ermöglichte wirklich allen Teilnehmern mitzumachen – auch ohne Vorkenntnisse. Er sagte auch kurz die Sanskrit Namen der Asanas und erklärte sie dann sehr genau. Platzierung der Füße, Hände und Ausrichtung der Beine und Arme.
Mir gefiel auch die Hitze. Ein willkommenes Körpergefühl, welches ich im Berliner Winter nicht so einfach bekommen kann. Ich schwitze kaum und muss einiges tun, um überhaupt meinen Puls in die Richtung zu bekommen. Jetzt war es wie eine Soft-Sauna, in der man sich bewegen kann. Davor hatte ich etwas Bange davor, ob mein Kreislauf das gut annimmt. Mir gefiel auch, dass jeder sich konzentriert.
Der Raum gefiel mir dagegen gar nicht. Spiegel, Linoleumboden, Heizkörper und hartes Licht. War mir alles zu Drill-mäßig. Ich kam nicht von dem Militär-Gefühl runter, obwohl es nicht wirklich anstrengend war. Es gab keine Korrekturen, was aber auch nicht wirklich zum Prinzip passt denke ich. Mein größtes Manko: Jeder war abgeschnitten von den anderen. Man hat nicht wirklich zusammen praktiziert – nur zufällig nebeneinander im heißen Raum Yogaposen ausgeführt. Nach einer Weile hat mich das auch gelangweilt, weil ich keine Anstrengung UND keine Verbundenheit hatte…
– Dana

Yoga bei 40°C – kann man auf jeden Fall machen! Ich habe danach Kopfschmerzen und fühle mich sehr schlapp, aber auf eine gute Art. Ich bin sicher: das entgiftet ziemlich gut. Sauna. Mein Problem ist der Inhalt der Stunde als die Temperatur. Ich habe immer gedacht, dass festgelegte Serien aus Asanas nicht mein Ding sind, aber bei anderen festen Serien (z.B. im Jivamukti) stört mich das nicht. Bei Bikram fehlt mir der Flow ein wenig. Ja, und irgendwie fühlt sich das Yoga so an wie Gleichschaltung. Da kriege ich ein Autoritätsproblem, wenn jemand mir sagt ich solle GLEICHZEITIG mit den Anderen die Arme senken. Klingt wahrscheinlich albern, aber das habe ich sonst nie. Außerdem bin ich irritiert, dass an den Wänden im Studio Spiegel wie im Ballettstudio sind und dass der Lehrer einen darauf hinweist, sich im Spiegel zu kontrollieren. So kenne ich das nicht. Jetzt stehe ich da also vor dem Spiegel, neben mir ein Mädchen, das ungewöhnlich intensiv in den Spiegel starrt und wie ein Model die Lippen schürzt.
– Uli

Wo bist du an deine Grenzen gegangen?
In meiner Geduld. Ich habe nach der Hälfte der Zeit auf die Uhr geschaut und mir gewünscht rauszugehen.
– Dana

Im Tänzer. Daniel sagt, wir sollen unsere Knie ganz komplett durchstrecken, so dass wir „kein Knie mehr haben“ – davor habe ich ein wenig Angst weil ich ein Hyperextender bin. Ich bin immer lieber ein wenig locker im Knie.
– Uli

Dein Asana des Tages?
Das Kaninchen, Sasangasana. Schöne Streckung für die Wirbelsäule.
– Dana
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Der Zehenstand, Padangustasana. Ich mag momentan Balancen ja sehr.
– Uli
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Welcher Gedanke hat dich abgelenkt?
Die Uhr an der Wand. Ich habe häufig draufgeschaut. Ich wurde müde, als ich merkte dass erst eine Stunde vergangen war. Das passiert mir sehr selten.
– Dana

Ich habe manchmal Blickkontakt mit Dana über den Spiegel und wir müssen fast lachen. Ich stelle mir vor, was sie gerade zu der ganzen Sache so denkt.
– Uli

Was hast du über Yoga dazugelernt?
Nicht jeder Yoga-Stil schmeckt mir.
– Dana

Yoga ist in meinen Augen eine Praxis, in der ich meine Persönlichkeit auslebe und erforsche, gemeinsam mit anderen, die ihre Persönlichkeit ausleben und erforschen. Dass Yoga absolut universell und gleichzeitig so individuell ist, das macht es zu so etwas Besonderem. – Das habe ich gelernt, weil es sich für mich heute nicht so angefühlt hat.
– Uli

Was hast du über dich gelernt?
Ich habe gelernt, dass Leidenschaft und ein persönlicher Anteil mir wichtig sind. Ich mag das Gefühl die Erfahrung zu teilen, mal zu lachen. Ich hab mich während der Stunde gefragt: Was machen wir da alle und warum? Braucht man eine Art Einführung um das Konzept von Bikram zu verstehen? Bin ich verschlossen? Ängstlich? Meine Gedanken sind weit abgeschweift. Die Idee von Yoga in Hitze gefällt mir. Vielleicht muss es eine andere Serie sein.
– Dana

Ich merke, dass ich mehr mit geschlossenen Augen Yoga mache als mir bisher bewusst war, denn der Lehrer sagte häufig „lasst die Augen auf“, und ich hatte sie gerade zu. Außerdem ein einziger „Vorteil“ davon, nach langer Zeit mal wieder so lange vor einem riesigen Spiegel zu stehen: Ich mag meinen Körper inzwischen eigentlich ganz gern. Gefühlsmäßig und visuell.
– Uli

Was hast du über Uli gelernt?
Ich konnte ihren Blick nicht deuten im Spiegel. Manchmal haben sich unsere Augen getroffen und ich wusste nicht ob sie müde, genervt, konzentriert oder etwas anderes ist. Danach waren wir beide nicht so aufgedreht wie gewöhnlich.
– Dana

Was hast du über Dana gelernt?
Dana hatte mehr Angst vor dem Hot Yoga als mir zunächst bewusst war, weil sie früher Kreislaufprobleme hatte. Sie geht gerne und viel an ihre Grenzen und überfordert sich auch schon mal. Ich nehme es deshalb sehr ernst, wenn sie vor gewissen Dingen doch so großen Respekt hat. Ich glaube sie ist froh, dass wir es trotzdem gemacht haben (keiner ist umgekippt) und ich hoffe, dass ich ihr ein wenig die Angst nehmen konnte.
– Uli

Worüber habt ihr danach gesprochen?
Wir haben geduscht und sind mit unserer Freundin Christina zu einem Falafel-Laden gelaufen um ein wohlverdientes Abendessen zu bekommen. Diesmal haben wir uns verboten, Details zur Stunde zu bequatschen. Wir wollen ja keine „Skewed Results“.
– Dana

Wir waren mit Christina noch was essen und haben über Familie und Herkunft gesprochen und wie die uns doch mehr beeinflusst, als wir vielleicht manchmal denken oder wahrhaben wollen.
– Uli

Welche Frage/n stellst du dir gerade?
Persönliches beschäftigt mich. Uli sitzt auf meinem Bett und liest. Ich mache mich gleich auf den Weg zu Peace Yoga und freue mich aufs Singen.
– Dana

Sind andere Hot-Yoga-Studios anders?
– Uli

Möchtest du noch etwas sagen?
Ich möchte hier nicht den Eindruck erwecken, etwas gegen das Konzept von „Bikram Yoga“ zu haben. Jeder wie er mag.
– Dana

Entgiftungskopfschmerzen gibt es wirklich.
– Uli

tänzer pose asana dancer yoga gif

Der Tänzer – Natajarasana

Stirn zum Knie Bikram Yoga Asana

Stirn zum Knie

Post Bikram Yoga

Kamera beschlagen, Haare wild… Foto post Hot Yoga.

Bikram Yoga Studio Sunyoga Kreuzberg

Der Eingangsbereich von Sunyoga.

Bikram Series Asana

Die Asanas der Bikram-Serie

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