Ashtanga-Yoga. Große Ehrfurcht. Wir hatten es schon lange vor, und endlich sind wir nun zur Yoga School Berlin gegangen, um die Mutter aller Vinyasa-Richtungen kennenzulernen.
Dana, erzähl uns von deinem Tag. Was hat dich beschäftigt?
Sonntag. Ich habe bis 10:30 geschlafen. Für mich ist das unglaublich lang. Nach einer knackigen Morgenpraxis hab ich noch meine Wohnung entstaubt. Um 13 Uhr kam Uli zum Brunch auf meinem Balkon. Ich habe keine Möbel auf dem Balkon. Wollte mir nie welche leisten und ich mag Leere sehr gern. Außerdem kann ich meine Matte dort ausbreiten und auch draußen üben dann… Nach dem Frühstück und dem Bequatschen unserer nächtlichen Erlebnisse – wir haben tatsächlich etwas getrennt unternommen – haben wir uns mit ein paar Projekten beschäftigt. Natürlich geht’s dabei um Yoga.
Uli, erzähl uns von deinem Tag. Was hat dich beschäftigt?
Es ist der Sonntag eines dieser perfekten, energiegeladenen Wochenenden. Ich habe vieles erledigt UND viele tolle Sachen erlebt. Brunch bei Dana auf dem Balkon, dann gemeinsame Arbeit am und um den Blog, dann mit dem Fahrrad zum Yoga am Hermannplatz.
Wo habt ihr heute Yoga gemacht?
In der Yoga School Berlin, eine Ashtanga- und Vinyasa-Schule am Hermannplatz. Die Stunde heißt Ashtanga LED. „LED“ steht für geführt. Geeignet ist die Stunde für Übende mit Yogaerfahrung. Unterrichtet wurde von Susen Pijur, die auch die Schule leitet.
Dana
In der Yoga School Berlin am Hermannplatz. Eine Remise im Hinterhof, ein schönes, helles Studio im „Shabby Chic“ Style. Ich weiß nicht besonders viel über Ashtanga, habe es bisher nur einmal in New York gemacht, und damals wusste ich so überhaupt nicht, wie mir geschieht! Es gibt verschiedene Serien mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, die immer gleich sind und die man peu à peu einübt. Klassisch übt jeder für sich („Mysore-Style“) und erhält direkt vom Lehrer Korrekturen, quasi Einzelunterricht in der Gruppe. In der Led Class, die wir besucht haben, üben alle synchron zu den Anweisungen der Lehrerin.
Uli
Beschreibe die Stunde.
Ashtanga-Yoga basiert auf den Yoga-Sutren von Patanjali. In der Ashtanga-Praxis wird systematisch geübt. Der Gründer der Schule, Sri K. Pattabhi Jois, war Schüler von Krishnamacharya – einer der wichtigsten Lehrer in der Tradition des Yoga. Patthabi Jois schrieb 19621 sein System nieder in den „Yoga Malas“. Ashtanga ist Sanskrit und bedeutet „acht-gliedrig“. Es bezeichnet den acht-gliedrigen Yoga Pfad nach der Lehre Patanjalis (Autor der Yoga Sutren). In der Ashtanga LED Stunde wurde Kenntnis der Grundlagen vorausgesetzt, wie z.B. das Zählen auf Sanskrit und die Abfolge und Bedeutung der Asana (Positionen). Fast alle konnten das Eröffnungsmantra auswendig singen. Ich kannte es, doch leider nicht auswendig. Geübt wurde die „erste Serie“ unter Anleitung von Susen. Nach den Sonnengrüßen ging es durch stehende Haltungen und Vorbeugen. Viele Vinyasas, was im Ashtanga essentiell ist. Auch Rückbeugen und Umkehrstellungen wurden geübt. Alle übten synchron, bis auf den Teil der Umkehrstellungen – hier konnte jeder seinen Schwerpunkt wählen. Susen übte den größten Teil der Klasse auf einem Podest mit und sagte die Asanas an bzw. zählte mit. Hin und wieder ging sie durch den Raum und gab Assists.
Dana
Die „Primary Series“ ist eine sehr herausfordernde, schnelle Praxis. Vinyasa- und Jivamukti-Yoga sind aus dem Ashtanga hervorgegangen, daher kannte ich die meisten Posen und Sequenzen. Einiges war aber auch ungewohnt. Am Anfang wurde ein langes Mantra auswendig gesungen, das ich nicht kannte. Ich fand es aber sehr schön und will es unbedingt lernen (hier findet sich der Text). Susen, die Lehrerin, gab eher wenige Anweisungen, teils auf Sanskrit. Nach Sonnengrüßen und stehenden Haltungen kamen Vorbeugen, Twists, schließlich Rückbeugen, Armbalancen, Umkehrhaltung und Wechselatmung; am Ende wurde nochmal Kraft geboostet: zehn Atemzüge das eigene Gewicht stemmen. Es war ungewohnt, nach den Rückbeugen und dem Kopfstand noch einmal mehrere Vinyasas und so eine aktivierende Haltung zu machen. Beendet wurde die Stunde wieder mit Gesang und Savasana.
Uli
Wie würdest du die Menschen beschreiben, die im Kurs waren?
Es waren geübte Yogis da – Männer und Frauen. Ich kann mir vorstellen, dass einige ergänzend zu den Mysore Klassen die Abfolge in den LED Klassen wiederholt lernen wollen. Jeder war sehr konzentriert und blieb für sich auf der Matte. Der Atem war sehr gut hörbar, was ich sehr genoss.
Dana
Zunächst mal wird im Yogaraum nicht gesprochen. Es schien Susen auch sehr wichtig, dass alles sehr ordentlich ist (keine herumstehenden Taschen; Decken wurden erst zu Savasana vom Stapel geholt) – all das steigert die Konzentration meines Erachtens enorm. Ich habe selten so eine fokussierte Stimmung in einem Kurs gespürt. Teils fast verbissen. Aber im Boot (Bauchmuskeln!) haben alle gestöhnt und gelacht – es war schön, so eine Lockerung in der Anstrengung zu bekommen.
Uli
Wie würdest du die Lehrerin beschreiben?
Susen ist eine bekannte Ashtanga Yoga Lehrerin und praktiziert selbst die dritte Serie. Damit gehört sie zu einem kleinen Kreis in Deutschland. Sie begrüßte uns offen und herzlich. Zeigte uns die Räume und wies uns darauf hin, dass im Übungsraum nicht „Smalltalk“ geführt werden soll. Das gefiel mir und ich dachte kurz, ob ich meine Gewohnheiten hier mal kritisch beobachten sollte.
Dana
Susen ist so etwas wie die Ashtanga-Queen von Berlin – und die Negation der Schwerkraft. Zierlich, muskulös, graziös, kraftvoll – sie hat viele der Haltungen mitgeübt und ich habe noch nie jemanden gesehen, der sich so sicher durch Asanas bewegt. Sie ist sehr locker, lächelt viel, verbreitet eine sehr lebensfrohe Stimmung. Ihre Stimme ist leise, ihre Anweisungen manchmal fast geflüstert – aber mehr brauchen die Ashtangis mit ihren Serien ja vielleicht auch nicht : )
Uli
Was gefiel dir, was nicht?
Mir gefiel das Systematische und Exakte. Und natürlich die sehr fordernde Asana-Praxis. Ich hatte von Susen schon viel gehört und habe es sehr genossen, ihre Präsenz und Erfahrung zu spüren. Es gab nichts, das mir nicht gefiel. Zwischendurch konnte ich Susen schwer verstehen, weil sie leise sprach. Ich freue mich, dass das Studio so nah an meiner Wohnung ist, weil ich mit Sicherheit wiederkommen werde.
Dana
Ich mag die Serie und ich mochte Susen und ihren Stil sehr gern. Die Sequenz hat mich vor große Herausforderungen gestellt, aber mir auch einen kleinen Vorgeschmack davon gegeben, wie das wäre, wenn ich das öfter üben und immer tiefer reinkommen würde. Normalerweise wäre hier jetzt die Stelle wo ich sage dass ich gerne Musik gehabt hätte (gab es nur in Savasana). Aber irgendwie schien mir Musik gar nicht passend.
Uli
Wo bist du an deine Grenzen gegangen?
Das Vor- und Zurückspringen aus dem Sitzen oder aus Adho Mukha Svanasana (nach unten schauenden Hund) ist noch sehr übungsbedürftig bei mir.
Dana
Eine Freundin sagte zu Dana vorher: „Versucht mal, die Chaturangas (Yogi-Liegestütze) zu zählen“ – habe ich nicht geschafft. Aber es waren viele. Sehr. Viele.
Uli
Deine Asana des Tages?
Ardha Baddha Padmottanasana – der halbe gebundene stehende Lotus mit Vorbeuge.
Dana
Prasarita Padottanasana C, die stehende Grätsche mit den Unterarmen auf dem Boden. Ich glaube, das könnte die Asana sein, die mir für die Dehnung in meinen hinteren und inneren Oberschenkelmuskeln bisher gefehlt hat.
Uli
Welcher Gedanke hat dich abgelenkt?
Wie ich lernen kann, vor- und zurückzuspringen.
Dana
Ich war während der Praxis ziemlich konzentriert. In Savasana konnte ich aber nicht so gut abschalten. Viel Kopfkino.
Uli
Was hast du über Yoga dazugelernt?
Früher hat es mir viel Angst gemacht, dass es so vieles gibt, was ich nicht kann. Immer wenn etwas Neues kam, hat mich der Ehrgeiz gepackt und ich musste üben bis ich es konnte. Nicht nur beim Yoga. Mit mehr Praxis lerne ich aber, dass ich genau da richtig bin, wo ich gerade bin und es ganz natürlich ist, Fortschritte zu machen, wenn man offen bleibt. Wenn ich aber verkrampfe und etwas erzwingen will, wird es unglaublich schwer. Susan wies uns auf einen Workshop speziell für die Vinyasas hin, bei dem es um die Leichtigkeit geht. Mit der Leichtigkeit – oder dem Fehlen davon – war ich heute auf jeden Fall konfrontiert.
Zitat von Ashtangayoga.info über Tristana – das Erblühen des Ashtanga Yoga in dir:
„Tristana ist der Schlüssel zu dieser spirituellen Dimension des Yoga. Tristana wird die Einheit aus Vinyasa, Bandha und Drishti genannt. Erst wenn dieser Zustand erreicht wird, entfaltet die Lotusblüte des Ashtanga Yoga ihre Blütenblätter. Ujjayi Atmung ist die Basis für Vinyasa. Aus dem Bandha entsteht die Ausrichtung des Körpers in der Asana. Drishti vollendet den Dreierbund und bildet die Brücke, die Essenz Deiner Praxis von der Yoga- Matte in Dein tägliches Leben zu tragen.“
Dana
Ashtanga ist wirklich nochmal was anderes. Ich erkenne plötzlich das Ursprüngliche darin, das meiner Vinyasa- und Jivamukti-Praxis zugrunde liegt. Außerdem habe ich gelernt, dass man mit so einem Blogpost niemals einer ganzen Yoga-Richtung gerecht werden kann. Aber ich denke das ist ok, solange man es anerkennt.
Uli
Was hast du über dich gelernt?
Dass ich großen Respekt vor der Aura einer erfahrenen Lehrerin habe. Das ist mir auch schon im Teacher Training aufgefallen. Vielleicht wünsche ich mir ein weibliches Vorbild.
Dana
Ich halte mich eigentlich für jemanden, der gerne Abwechslung beim Yoga hat. Aber ich kann mir jetzt doch vorstellen, dass Ashtanga sehr großes Suchtpotenzial für mich birgt.
Uli
Was hast du über Uli gelernt?
Sie macht gerade Riesenfortschritte in ihrer Asana-Praxis. Wir haben gestern zusammen auf einer Wiese geübt. Da hab ich schon bemerkt wie sicher sie in manchen Bewegungen war. Das macht mich total glücklich.
Was hast du über Dana gelernt?
Es fällt ihr momentan schwer, sich auf andere Yogastile als Jivamukti einzulassen, weil sie so tief drin steckt durch ihr Training. Ashtanga geht aber.
Worüber habt ihr danach gesprochen?
Wir sind mit einer Freundin noch etwas essen gegangen und sprachen über die Liebe.
Dana
Darüber, wie enge Freundschaften manchmal abrupt enden und wie man damit umgeht.
Uli
Welche Frage stellst du dir gerade?
Wann kann ich vor- und zurückspringen????
Dana
Ich frage mich, ob „mentale Lebensbewältigungsmaßnahmen“ wie Intentionen setzen, thematische Ausrichtung der Stunden etc. auch Teil von Ashtanga sind. In dieser Stunde kam davon direkt nichts vor. Wenn ja, auf welche Weise?
Uli
Möchtest du noch etwas sagen?
Ich möchte mit Leichtigkeit in die neue Woche starten.
Dana
Ich kann mir immer noch nicht so richtig vorstellen, wie die Mysore-Klassen funktionieren, will es aber jetzt unbedingt mal ausprobieren.
Uli
Das ist ein wundervoller Übungsraum!
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