Und jetzt alle! Wie ich leidenschaftliche Mantra-Sängerin geworden bin

ukulele yoga retreat

Ich erinnere mich noch an die Yogastunde vor ein paar Jahren, in der mir zum ersten Mal ein Chant-Buch vor die Nase gelegt wurde. “Om” singen, schön und gut. Aber jetzt soll ich irgendwelche Silben trällern, deren Bedeutung ich noch nicht mal kenne, und dann noch vor lauter Fremden im Raum? Nein danke.

Vorgespult ins Jahr 2016: Ich sitze im Studio auf meiner Yogamatte in der Vorbeuge, das nächste Lied auf der Playlist springt an (“Om Mani Padme Hum”) und ich singe einfach lauthals mit. Ich kann bestimmte Mantren und Sätze aus yogischen Texten auswendig und gehe häufig mit einer mentalen Yoga-Song-Wunschliste ins Studio. Wenn ich auf meiner neuen Ukulele übe, mischen sich unter “I’m Sticking with You” oder “New Slang” auch schon mal “Jai Mata Kali”, “Radhe Govinda” oder “Om Namah Shivaya”. Manchmal gucke ich auf die Uhr und stelle überrascht fest, dass mit ein bisschen Mantrensingen gleich zwei Stunden vergangen sind!

Was sind Mantren?

Mantren sind sehr alte Sprüche oder Lieder und bestehen aus Silben oder Worten aus dem Sanskrit, oder, im Falle von Kundalini-Mantren, aus der Sprache Gumurkhi. Sie werden in der Yogapraxis genutzt, um das Denken bzw. den Geist auf bestimmte Weise auszurichten. Ich stelle es mir so vor: Mein Gehirn ist mit dem Singen beschäftigt genug, um nicht in andere Gedanken abzuschweifen. Andererseits ist die ständige Wiederholung relativ simpler Melodien und Texte so leicht machbar, dass man nicht mit allerhöchster Konzentration dabei sein muss und irgendwann „automatisch“ singt. Auf diese Weise entsteht Platz für normalerweise Ungedachtes oder Undenkbares. Der perfekte Ausgangspunkt für Yoga!

Warum Mantra und nicht – sagen wir – Bon Jovi?

Der gemeine Yogi in Europa wird wahrscheinlich nicht Sanskrit studiert haben, bevor er ins Studio geht. Nicht schlimm! Man sagt, Mantren transportieren ganz bestimmte Qualitäten und Energien aus vergangenen Zeiten, deren Bedeutung und Kraft sich uns weniger über die Wortbedeutung als über Klang und Resonanz erschließt. Silben wie “Om” oder Rufe wie “Hare Krishna” wären außerdem auch für Sanskrit-Native-Speaker abstrakte, schwer erfassbare Begriffe. Sie stehen für Göttliches, Kosmisches oder das Universelle. Sie sind immer wahr; so, wie wenn du “Gott” oder „Liebe“ sagst und deine ganz eigenen Erfahrungen und Auffassungen davon hast, die schwer erklärbar sind. In dem Moment wo du sie singst, und deine Gedanken auf sie richtest, hast du dich von allem befreit, was unwahr ist und dich von der Einheit, die “Yoga” bedeutet, trennt.

Dass wir Sanskrit-Mantren singen, hat natürlich auch viel mit Tradition zu tun. Lehrer erfinden ja auch nicht ständig neue Yogaposen, nur weil sie es theoretisch könnten. Ähnliche Rituale bzw. Techniken gibt es nebenbei bemerkt auch im religiösen Kontext, wie beispielsweise im Christentum beim Rosenkranzbeten.

Harmonium Jivamukti Yoga Days of Yoga

Der Mantra-Effekt: Verbindung, Verbindung, Verbindung

Wo wir gerade von Rosenkränzen reden: Als Kind bin ich sehr häufig in die Kirche gegangen. Und auch hier habe ich es geliebt, zu singen. Dabei war mir wichtig, dass alle irgendwie in Schwung geraten. Dass durch das gemeinsame Singen eine Verbindung zwischen den Menschen entsteht. Die Verbindung, die wir Yogis auch durch synchrone Bewegungen, gemeinsamen Ujjayi-Atem und Meditation mit unseren Mityogis herstellen und während der Praxis aufrecht erhalten.

Mantren singen fühlt sich außerdem für mich an, als ob ich damit mit einem Besen durch mein Gehirn fegen würde. Einmal alles aufwirbeln und das wegschaffen, was sich wie Staub auf meine Wahrnehmung gelegt hat. Mit mir selber in Verbindung treten – auch wenn die manchmal einen Halbton tiefer liegt als die der anderen.

Singen ist sinnlich

Natürlich hilft es da, wenn man musikalische Lehrer und Vorsänger hat, die einen in den Bann ziehen und mitreißen. Was aber wirklich bemerkenswert ist: Sobald man sich traut, selbst mit Leidenschaft dabei ist und sich in den Fluss der Musik begibt, ist es egal, ob man die Silben richtig spricht oder die Töne ganz stimmen. Man spürt einfach nur die Vibrationen und schwebt in einem Ozean aus Energie.

(Auch) so wird Yogapraxis zur sinnlichen Erfahrung. Sinnlich durch den vollen Einsatz und die Wahrnehmung des Körpers, des Atems, der Stimme. Durch die Vibration deines Brustraums als Klangkörper, der dein Herz in Schwingung und Schwung versetzt. Und was ist mit Bed of Roses, ist doch auch sehr sinnlich? Stimmt. Das gibt es dann vielleicht zwischen zwei Sanskrit-Hits in der nächsten Vorbeuge. Schluchz!

Hast du eigentlich schon unsere Top 10 Yoga-Songs gehört? Bei Dana auf Spotify gibt es auch ständig neue Playlists for Practice. 

Bilder © Carsten Rasche

1 Kommentare

  1. Das Design deines schönen Blogs ist mir gleich aufgefallen, es ist die gleiche Designerin wie von meinem Blog http://blog.yogastudio.at
    Da im Grund barrienfrei (ich habe selbst eine Augenkrankheit) mag ich diese schlichten Blogs von Ellen & Manuel.

    Ich habe zum ersten Mal bei einem Yogawochenende Mantren gesungen und es war soooo befreiend für Geist & Seele. Obwohl ich total unmusikalisch bin, aber ich liebe diese Laute die meiner Meinung nach auch gesundheitsfördernd sind. Es wird einer meiner nächsten Blogthemen werden, falls du einen Gastbeitrag schreiben willst, freue ich mich.

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